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Ausgabe März 2023

WIRTSCHAFT

Wasserkraft muss sich auszahlen

Foto: dbn

Türkise Rettungsversuche

Die Blockade bei der Mietpreisbremse reiht sich ein in Versuche der ÖVP, nach den vergangenen Monaten der politischen Qual wieder Fuß zu fassen. Zu verlieren hat die Regierungspartei nichts mehr.

Treffsicherheit war bei Corona-Hilfen und Teuerungsausgleich bisher kaum Thema. Hauptsache schnell war das Motto. Türkis und Grün fragten nicht, ob das Geld bei den Richtigen ankommt – oder ob sich nicht etliche freuen, die es gar nicht so nötig hätten.

Bei der Mietpreisbremse soll nun alles anders sein, meint die ÖVP. Generalsekretär Christian Stocker nennt in erfrischender Offenheit die Beweggründe: Von den österreichweit mehr als 480.000 Wohnungen mit Richtwertmieten seien 370.000 in Wien. Der Großteil seien sogar Gemeindewohnungen, also im Eigentum des „roten Wien“. Ein bundesweiter Mietpreisdeckel wäre daher ein „bloßes Wien-Förderprogramm“, meint der Parteisekretär. Und das will die ÖVP nicht. Was er nicht dazusagt: In Wien hat die ÖVP wenig zu gewinnen – außer vielleicht bei Hausbesitzern. Und die freuen sich über das Nein zur Mietpreisbremse.

Nichts zur türkisen Sache tut da, dass gleichzeitig mit der Mietbremse Steuererleichterungen für Sanierungen vorgesehen gewesen wären. Davon hätten die Eigentümer profitiert. Das Kleingedruckte hat man in der großen Politik noch selten gelesen.

Viel wichtiger ist aus Sicht der ÖVP eine andere Botschaft: Sie will die Eigentumswohnung und das Einfamilienhaus fördern – nicht die Miete im Gemeindebau. Daher die Forderung nach einem hohen Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer. So gesehen ist der Streit um die Mietpreisbremse Klientelpolitik in Reinkultur. Welche Maßnahme dient meinen Wählern – und wovon profitieren nur die anderen Parteien?

Ist das verwerflich? Eine staatstragende Partei – und als solche will die ÖVP ja gesehen werden – sollte das Ganze im Blick haben. Am Ende versucht aber jede Partei ihren Wählerinnen und Wählern zu gefallen. Und auch eine Mietbremse schafft nur für einen Teil der Bevölkerung Erleichterung. Das Urteil fällen die Menschen bei den nächsten Wahlen.

Diese hat die ÖVP im Blick. Dem Abgang von Sebastian Kurz folgten Monate der Qual im Untersuchungsausschuss. Jetzt versuchen die Türkisen, aus dem Eck herauszukommen und wieder Tritt zu fassen. Statt zu reagieren, will Kanzler Karl Nehammer wieder agieren. Die Mietpreisbremse. Das planlose Spardiktat gegen den ORF. Die geplante Rede „zur Zukunft der Nation“. Das forsche Auftreten gegen die Klimakleber. Die wöchentliche Aktion zur Asyl- und Migrationspolitik: Die nächste Station von Nehammer und Innenminister Gerhard Karner ist heute Marokko. Immer im Nacken dabei die FPÖ, die alle Hemmungen fallen lässt.

Kann die ÖVP mit dieser Taktik wieder zulegen? Zumindest hat sie kaum mehr etwas zu verlieren.

Quelle: Tiroler Tageszeitung, Leitartikel von WOLFGANG SABLATNIG

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